Fenstermäkerstraße

Konzeptstudie zur Öffnung Fenstermäkerstraße, Goslar
Aufgabe
Im Rahmen des Bundesprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ wurde die Stadt Goslar mit der Erstellung einer Konzeptstudie zur Öffnung der sogenannten Fenstermäkerstraße beauftragt. Ziel war es, den drohenden Funktions- und Qualitätsverlust der Hokenstraße aufzuhalten, Leerstände zu reduzieren und die Straße langfristig als Teil des innerstädtischen Geschäftsgefüges zu sichern.
Die zentrale Fragestellung lautete, ob eine neue fußläufige Verbindung zwischen Hoken- und Fischemäkerstraße – eventuell ergänzt durch eine Öffnung zum Fleischscharren – geeignet ist, die Attraktivität und Frequentierung der Hokenstraße zu erhöhen.
Historische Stadtentwicklung
Die Altstadt von Goslar zählt seit 1992 zum UNESCO-Welterbe. Ihr Stadtgrundriss entwickelte sich bereits im Mittelalter aus mehreren Siedlungskernen, die durch den Bergbau im Harz und den damit verbundenen Wohlstand zusammenwuchsen. Die Struktur der Altstadt war im 12. Jahrhundert weitgehend ausgebildet und prägt das Stadtbild bis heute.
Im untersuchten Bereich rund um Markt, Hokenstraße und Fischemäkerstraße zeigt sich die historische Handelsstruktur der Stadt besonders deutlich. Eine eigenständige „Fenstermäkerstraße“ konnte jedoch trotz intensiver archivalischer Recherchen nicht nachgewiesen werden. Vielmehr handelte es sich um eine hofartige Zuwegung zwischen Hokenstraße und Fleischscharren, die den Gildehäusern der Fleischer und Schmiede diente.
Die Bezeichnung „Fenstermäkerstraße“ ist demnach eine spätere, fehlerhafte Überlieferung. Gleichwohl bildet der heute unzugängliche Hofraum zwischen Hoken- und Fischemäkerstraße ein bedeutendes Potenzial für eine neue innerstädtische Verbindung, die historische Strukturen aufgreift und zeitgemäß interpretiert.

Wegeanalyse
Mit Hilfe der raumanalytischen Methode Space Syntax wurden Bewegungsmuster und Wegezusammenhänge in der Goslarer Altstadt untersucht. Die Analysen zeigen, dass die Hokenstraße grundsätzlich gut in das historische Wegenetz eingebunden ist. In ihrer Lage zwischen Marktplatz und Bäckerstraße besitzt sie sogar kürzere Wegverbindungen als die parallel verlaufende Fischemäkerstraße. Dennoch wird sie seltener frequentiert.
Die Gründe hierfür liegen weniger in der Lage, sondern vielmehr in der räumlichen Wahrnehmung und der Nutzung der Straße. Fehlende Sichtbeziehungen, unattraktive Eingänge und eine geringe Nutzungsvielfalt führen dazu, dass Passanten die Hokenstraße häufig „übersehen“.
Die Simulationen zeigen, dass eine neue Wegeverbindung zwischen Hoken- und Fischemäkerstraße zu einer deutlichen Belebung führen kann, insbesondere im mittleren Abschnitt der Hokenstraße. Eine zusätzliche Öffnung zum Fleischscharren würde dagegen zu einer Aufsplitterung der Passantenströme und einer geringeren Frequentierung des südlichen Straßenabschnitts führen.
Eine nachhaltige Belebung hängt daher nicht allein von einer neuen Durchwegung ab, sondern auch von einer gestalterischen und funktionalen Aufwertung, etwa durch gastronomische, kulturelle oder kleingewerbliche Nutzungen, die den Stadtraum aktiver und einladender machen.
Städtebauliche Analyse und Sichtbeziehungen
Die Sichtanalysen verdeutlichen, dass die Hokenstraße im Vergleich zur Fischemäkerstraße visuell deutlich weniger präsent ist. Bereits am nördlichen Zugang lenken die Gebäude an der Bäckerstraße die Aufmerksamkeit der Passanten in Richtung Fischemäkerstraße, während die Hokenstraße kaum wahrgenommen wird. Auch der südliche Zugang ist eng, wenig markant und vom Marktplatz aus kaum sichtbar.
Die Fischemäkerstraße hingegen bietet über ihre gesamte Länge klare Sichtbeziehungen und eine stärkere räumliche Orientierung. Eine gezielte Aufwertung der Eingänge und Fassaden der Hokenstraße – insbesondere im nördlichen Abschnitt – kann hier entscheidend dazu beitragen, die Wahrnehmbarkeit zu verbessern.
Der Bereich der sogenannten Fenstermäkerstraße zeigt sich derzeit als ungenutzter, von Vegetation überwucherter Zwischenraum. Trotz seines verfallenen Zustands besitzt er großes Potenzial als begrünter Hof mit atmosphärischer Qualität, der neue Wegebeziehungen und Aufenthaltsräume in der Altstadt schaffen könnte.
